Letzter Ausweg Einzelfallpetition –
Früheinschulung in Coronazeiten ist noch belastender für die Jüngsten als sonst!

NegeF-Information vom Mai 2021

Rechtliche Grundlage: Wer kann sich mit einer Petition an den Landtag von Nordrhein-Westfalen wenden?
Die Verfasser des Grundgesetzes haben in Artikel 17 unserer Verfassung mit Bedacht „jedermann“ das Recht zur Beschwerde eingeräumt. Damit soll dieses wichtige Instrument der Demokratie allen – Deutschen wie auch ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern – zuteilwerden, wenn sie sich durch eine Verwaltungsentscheidung benachteiligt fühlen.

Artikel 17 Grundgesetz
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.

Grundsätzlich gilt:
Der Petitionsausschuss kann angerufen werden bei Beanstandungen gegenüber Landesgesetzen, Landesbehörden, Kreisen, Städten und Gemeinden sowie bei Beschwerden, die beispielsweise Schulprobleme, Planungsfragen, die Arbeit der Polizei oder das Beitrags- und Abgabenrecht betreffen.

Was passiert mit einer Petition?
Erstens werden die Petitionen auf ihre Zulässigkeit geprüft. Ist diese gegeben, beschafft sich der Petitionsausschuss zweitens Informationen über den Sachverhalt. In Einzelfällen holt er dann Bürgerin bzw. Bürger und Behörde an einen Tisch, um im Vermittlungsgespräch auf eine gemeinsame Lösung hinzuwirken. Oder er informiert die Petenten über ihre Möglichkeiten. Eine Antwort jedenfalls erhalten sie immer.

Wann kann der Petitionsausschuss helfen und wann nicht?
Der Petitionsausschuss kann sich mit allen Anliegen befassen, die sich auf Verwaltungsmaßnahmen von Ämtern und Behörden des Landes beziehen. Dies sind unter anderem Ministerien, Bezirksregierungen, die Gemeinden, Kreise, Städte, die Finanzämter, die Rentenversicherung, die Polizei und die Schulen des Landes. Gerade durch die Vielfalt der Institutionen fällt es den Bürgern oft schwer, für ihre Anliegen die richtige Adresse zu finden.

Rechte und Möglichkeiten des Petitionsausschusses
Dem Petitionsausschuss sind nach unserer Landesverfassung gemäß Artikel 41a bestimmte Rechte und Vollmachten übertragen, die ihm eine besondere Stellung innerhalb der parlamentarischen Ausschüsse geben. Insbesondere haben der Ausschuss oder einzelne beauftragte Mitglieder und Mitarbeiter/-innen jederzeit Zutritt zu allen Einrichtungen im Bereich der Landesverwaltung, zu den Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Dienststellen und Behörden, soweit diese der Aufsicht des Landes unterliegen.

Diese Stellen sind auch verpflichtet, auf Verlangen des Ausschusses alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Gerichte und Verwaltungsbehörden haben die Pflicht, dem Petitionsausschuss Amtshilfe zu leisten, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint.

In bestimmten Fällen kann der Ausschuss auch Ortstermine anberaumen, um sich an Ort und Stelle zu informieren.

Ist der Sachverhalt geklärt und das vorgetragene Anliegen berechtigt, empfiehlt der Ausschuss der Verwaltung bestimmte Maßnahmen, um den Missstand zu beseitigen oder Nachteile abzuwenden. Alle Petenten erhalten über die in ihrer Sache getroffenen Entscheidungen eine schriftliche Antwort. Alle eingereichten Unterlagen werden elektronisch erfasst und nach Abschluss des Verfahrens vernichtet.

Was ist, wenn in der Angelegenheit bereits Klage vor einem Gericht erhoben wurde?
Der Petitionsausschuss kann etwas tun, wenn eine der beteiligten Prozessparteien die öffentliche Hand ist. In diesen Fällen bleibt ihm eine Einwirkungsmöglichkeit auf die Verwaltung. Er kann empfehlen, dass sich die Verwaltung als Prozesspartei in einer bestimmten Weise verhalten, etwa aus Billigkeitsgründen eine Verwaltungsentscheidung aufheben oder auf Einwendungen gegen einen Anspruch verzichten soll. Der Ausschuss hat also die Pflicht, die Verwaltung zu kontrollieren, er kann ihr aber keine Weisung erteilen.

Nach Art. 97 des Grundgesetzes ist in jedem Fall die Unabhängigkeit der Gerichte zu wahren, d. h. richterliche Entscheidungen dürfen vom Petitionsausschuss weder überprüft, abgeändert oder aufgehoben werden.
Eingaben dürfen jedoch sehr wohl auf Mängel oder Ungerechtigkeiten des Gesetzes hinweisen, das die Grundlage eines Urteils bildet. Denn Urteile sind zwar unantastbar, nicht aber Bestimmungen, auf die sich das Urteil bezieht. Privatrechtliche Streitigkeiten, etwa im Geschäftsleben, in der Nachbarschaft oder in der Familie können nicht vom Petitionsausschuss behandelt werden.

Wie kann man den Petitionsausschuss erreichen?
Ein Recht, das jedermann zusteht, muss auch ohne bürokratische Hürden wahrgenommen werden können. Darum gibt es für die Formulierung einer Petition keine Formvorschriften oder Vorgaben. Die Bürgerinnen und Bürger sollen ihr Anliegen so vortragen können, wie sie es sehen und wie es ihre Ausdrucksmöglichkeiten erlauben. Die Eingaben müssen schriftlich an den Petitionsausschuss des Landtags gerichtet werden, immer Namen und Adresse der jeweiligen Einsender/-innen enthalten und von ihnen auch unterschrieben sein. Bei Sammeleingaben genügen Adresse und Unterschrift einer Bezugsperson, die die Interessen der Gruppe (Bürgerinitiative oder Verein) vertritt. Anonyme Petitionen werden nicht bearbeitet. Es ist auch möglich, online eine Petition an den Ausschuss zu richten. Dazu ist ein Formular vorbereitet.

Zu finden ist das Formular hier: https://www.landtag.nrw.de/home/petitionen/online-petition.html

 

Ergänzend von uns noch einige Tipps:
Legen Sie alle Ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen bei, damit die bei der Petitionsstelle sich ein möglichst umfangreiches Bild machen können: Anträge, Ablehnungen, wichtige Schriftwechsel, Gutachten usw..
Falls noch nicht alle vorliegen, können Sie diese auch später nachreichen.

 
Erwähnen Sie in Ihrem Petitionsschreiben auch:

– Ob die Schule den Erlass kannte, er von Ihnen vorgelegt werden musste und ob er ignoriert oder beachtet wurde
– Ob sich das Schulamt zuständig fühlte und die Schule nicht frei entscheiden konnte
– Ob Ihre selbst beigebrachten Gutachten beachtet wurden oder ob nur das amtsärztliche Gutachten ausschlaggebend war

Viel Erfolg.

Britta Czoske und Dr. med. Karin Michael
Mitglied NegeF

 


21.04.2021, Abstimmung über den Antrag der Grünen zum Einschulungsstichtag

Einschulungsstichtag kindgerechter, elternfreundlicher und unbürokratischer regeln

In seiner Sitzung am 21. April 2021 wird der Landtag NRW in seinem Ausschuss für Schule und Bildung über den Antrag der GRÜNEN zur Neuregelung des Einschulungsstichtages abstimmen (Punkt 8 der Tagesordnung).

Die Sitzung wird von 9.00 Uhr bis max. 12.30 Uhr per Livestream übertragen, zu dem man sich unter folgender Adresse anmelden kann:  Anmeldung für Livestream


Erschwerter Schulstart in Coronazeiten

NegeF-Information vom März 2021

Immer mehr Anfragen erreichen uns, ob es nicht eine erleichterte Rückstellung der jüngsten Kinder aufgrund der Coronakrise gibt. Eltern sind noch besorgter, ob die jüngsten Kinder in diesen unsicheren Zeiten mit anhaltend wechselnden Bestimmungen den Übergang in die Schule und damit auch ein neues Lebensumfeld überhaupt erfolgreich meistern können.

Kinder haben seit gut einem Jahr deutlich weniger Kontakte und bei vielen ist auch der Kitabesuch aufgrund der Krise sehr unregelmäßig oder phasenweise ganz ausgefallen. Vorbereitungen auf den Schuleintritt wie Verkehrssicherheitsübungen oder Ausflüge entfielen ebenfalls fast vollständig.

Wir empfehlen Eltern, Amtsärzt*innen und Schulleitungen noch kritischer als sonst zu prüfen, ob insbesondere die jüngsten Kinder eine ausreichende Entwicklung ihrer Fähigkeiten und insbesondere auch eine sichere sozial-emotionale Reife erlangt haben, bevor sie in diesen herausfordernden Zeiten den großen Schritt in die Schule machen.

Wir selber nehmen als Miteltern, Lehrer*innen und Schulärzt*innen eine weiter steigende Zahl von jungen Kindern mit mangelhafter sensomotorischer Integration, Konzentrationsproblemen, Wahrnehmungsverarbeitungsstörungen und emotionaler Überforderung in den Schuleingangsklassen wahr.

Mehr denn je drängt die Frage nach einer Rückverlegung des Stichtages auf den 30.06. und eine Lösung für die Kinder der Coronakrise sollte durch eine erleichterte Rückstellung der Juli-, August- und Septemberkinder akut herbeigeführt werden!

Wir bemühen uns regelmäßig, diese Not den entscheidenden politischen Vertretern zu vermitteln. Leider wurde dieser brennende Punkt im Düsseldorfer Landtag am 10. März 2021 wieder einmal kurzfristig von der Tagesordnung genommen…

Dr. med. Karin Michael
Mitglied NegeF

 


09.10.2020, Neue Petition zum Stichtag

KANN statt Muss-Kinder – den Korridor zur Einschulung angesichts der Pandemie. JETZT!

Im aktuellen Jahr haben Kinder durch die Corona-bedingten Schließungen ein halbes Jahr im Kindergarten verloren. Der Regelbetrieb findet zwar seit September wieder statt, aber viele „normale“ Dinge wie z.B. Turnen oder Toben im Bällebad werden weiterhin verboten bleiben. Auch verschiedene Vorschulaktivitäten werden dieses Jahr nur eingeschränkt stattfinden.
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20.08.2020, Antrag der GRÜNEN im Landtag

Einschulungsstichtag kindgerechter, elternfreundlicher und unbürokratischer regeln

Der Landtag soll beim Entwurf für ein 16. Schulrechtsänderungsgesetz die Frage der Einschulung aufzugreifen. Der Stichtag sollte auf den 30. Juni verlegt und ein Korridor vom 1. Juli bis 30. September festgelegt werden, in dem die Eltern über eine mögliche Einschulung entscheiden können.
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18.05.2019, Resolution der Psychotherapeuten Kammer NRW

Änderung des Einschulungs-Stichtags in NRW vom 30. September auf den 30. Juni

Die Psychotherapeutenkammer NRW fordert aus fachlicher Sicht die Rückverlagerung des Stichtags für die Einschulung auf den 30. Juni sowie die Einführung eines Einschulungs-Korridors für Kinder mit Geburtsdaten zwischen dem 1. Juli und dem 30. September, während dessen die Eltern die freie Entscheidung treffen dürfen, ob ihr Kind im gleichen Jahr eingeschult werden soll oder ein Jahr später.
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Was bisher geschah

Ausgangssituation

In den Jahren nach der Änderung des Schulgesetztes 2005 wurde es, besonders ab 2015, immer schwieriger und später sogar fast unmöglich, Kinder entgegen dem amtsärztlichen Gutachten vom Schulbesuch für ein Jahr zurückzustellen.

Erste Aktivitäten

Nachdem wir 2016/2017 mit den damaligen schulpolitischen Sprechern aller Parteien im Landtag Gespräche geführt und parallel dazu auch Einzelpetitionen begleitet haben, wurde den Politikern vor Ort die verzweifelte Situation der Kinder und Familien bewusst.
Alle Parteien versprachen uns nach der anstehenden Landtagswahl in diesem Bereich nachzubessern. Die dann regierenden Parteien CDU und FDP haben den Punkt dann auch in den Koalitionsvertrag aufgenommen.

Wo stehen wir aktuell

Noch immer werden zu viele Kinder eingeschult, die noch nicht die entsprechenden Voraussetzungen im Sinne einer Schulreife in allen Bereichen haben. So kann der Start in ihre Schullaufbahn kaum gut gelingen. Seitdem setzen wir uns im Landtag und in der Öffentlichkeit weiter dafür ein, dass der Stichtag wieder auf den lange bewährten 30. Juni zurückverlegt wird.

Unser Ziel bleibt die Verlegung des Stichtages auf den 30. Juni!


 

Etappen der Entwicklung

Der Erlass

Im Oktober 2017 wurde ein Erlass, der den Schulleitungen wieder die Entscheidungsgewalt für jeden Einzelfall zurückgab, an die Schulen versandt. Die Kinder können nun wieder leichter zurückgestellt werden, sogar auch aus präventiven Gründen.
Ein erster Erfolg!

Leider wurde der Erlass in der Folgezeit von vielen Schulen nicht umgesetzt oder falsch ausgelegt. Nun folgten unsererseits erneute Gespräche mit den schulpolitischen Sprechern der Parteien. Ein Nachbessern bzw. eine bessere Kommunikation und Aufklärung der Schulen und Ämter wurde versprochen.
In den zwei folgenden Schuljahren stellte sich heraus, dass immer noch nur wenige Familien diesen teilweise sehr anstrengenden und mit vielen Kämpfen versehenen Weg gehen.

Die Petition

Eine im Februar 2019 gestartete Online-Petition, die das gleiche fordert, erhielt sehr schnell viele Stimmen (insg. über 42.000) und damit auch ein großes Medieninteresse. Das bestätigte uns erneut, dass wir im Sinne vieler Menschen in NRW agieren.
In 2019 fanden weitere Gespräche im Landtag statt, zum Teil mit vereinten Kräften gemeinsam mit der Initiatorin der Petition. Diese Petition wird nun aktuell im Petitionsausschuss beraten. Dort wurden auch wir mit unseren Anliegen persönlich gehört.

Im März 2020 hat der Petitionsausschusses den Schulausschuss per Beschluss beauftragt, die Wirkung der präzisierten Erlasslage zu überprüfen.
Trotz der hohen Quote von etwa 95% von positiv beschiedenen Anträgen auf Zurückstellung  (Quelle: Ministeriums für Schule und Bildung) ist die vorhandene gesetzliche Regelung jedoch mit einem nicht unerheblichen Aufwand für die betroffenen Eltern, Schulen und zuständige Behörden verbunden.
Bereits dieser Umstand spricht aus Sicht des Petitionsausschusses für eine Vereinfachung des Verfahrens und mithin eine Überarbeitung von §35 SchulG NRW

Im April 2020 hat sich der Schulausschuss (Ausschuss für Schule und Bildung) mit der Petition befasst (Protokoll). Trotz grundsätzlicher Gesprächsbereitschaft bei allen vertretenen Fraktionen kommt es zu keinen konkreten Ergebnissen. Die Vorschläge von GRÜNEN und SPD, das Thema in das anstehende 15. Schulrechtsänderungsgesetz zu integrieren finden auf Seiten von CDU und FDP wenig Unterstützung.

Der Antrag

Nachdem das Thema erwartungsgemäß im 15. Schulrechtsänderungsgesetz nicht berücksichtigt wurde, reichen die GRÜNEN im August 2020 im Landtag einen eigenen Beschlussantrag für eine kindgerechtere, elternfreundlichere und unbürokratischere Regelung des Einschulungsstichtages ein.